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7. Tag Triacastrela - Portomarin - Punta la Reia

Nach nur zwei Stunden eingeschlafen. Trotzdem munter und guter Dinge. Leider ist die Dame, die gestern mein Fahrrad eingeschlossen hat, nicht da und ich weiß nicht wie ich die Garagentür auf bekomme. Sitze also im Frühstücksraum und warte erstmal. Hoffentlich nicht allzu lange. Vielleicht ist sie ja nur Brötchen holen. Oder sie hat mich vergessen, in dem Fall säße ich hier bis heute Abend. Das Wetter macht einen guten Eindruck. Hoffentlich bleibt es eine Weile so. Dame wieder da, alles in Ordnung. Auf zur nächsten Bar, um richtig zu frühstücken. Die spanische Aussprache zu meistern, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Zumal die Sprache ständig wechselt, Spanisch, katalanisch, kastilisch. Völlig unmöglich, da mitzukommen. Zum Glück kling "Cerveza" wenigstens überall wo ich bislang war einigermaßen gleich. 11 Uhr. Bin in Sarria. Es hat noch Morgennebel und ist dementsprechend kalt. Der Weg nach San Xil stand unter Wasser und der Gepäckträger ist mehrfach abgerutscht. Außerdem ging es unangenehm bergauf. Zu Fuß aber sicher traumhaft. Die hohle Gasse windet sich entlang eines Tales durch dichte Wälder bis zum Pass. Auf der Abfahrt aus den grünen Hügeln schöner Blick auf das mit Nebel verhangene Tal. Man glaubt gar nicht, dass es hier so heiß werden kann wenn man die grünen Felder und Wälder sieht. Vielleicht sieht das ja im Hochsommer ganz anders aus. Es sind jetzt nur noch gut 100km bis Santiago. Wegsteine mit einer Muschel und der Entfernungsangabe bis Santiago de Compostella säumen nun im Abstand von tausend Metern den Weg.

Landschaftlich sehr schöne Fahrt nach Portomarin. Hohlwege mit Steinmäuerchen rechts und links. Schattengebende alte Bäume sonnenseitig. Wäre traumhaft ohne die Flußkiesel im Weg und Bächlein, die mit Vorliebe mitten auf dem Weg fließen, die manchmal schieben erforderlich machen. Es riecht nach Ginster und Mist. Die kleinen Steindörfer, die alle paarhundert Meter am Weg liegen, sind gut einen Finger breit unter Kuhmist versteckt. Während alles Andere staubtrocken ist, hat es der Kuhmist geschafft, eine flüssig, braune Konsistenz zu konservieren. Ein paar Bauern arbeiten neben dem 100km bis Santiago-Markierungsstein auf dem Feld. Eine alte Frau guckt zu und schimpft laut. Vermutlich erzählt sie wie man das früher alles viel besser gemacht hat, mit dem Feldpflügen oder so. Im letzten Teil Kiefernwald. Es riecht nach Korsika. Der Weg trockener gelber Staub mit vertrockneten Kiefernnadeln. Ein Gr20 zum Radeln. Zum Glück geht es bergab. Portomarin, was eventuell soviel heißt wie Seehafen ist ein kleines Neubaukaff an einem halb ausgetrockneten Stausee. Zwar ist die Stadt selbst schon älter aber durch den Bau des Stausees wurde alles überschwemmt und weiter oben wieder aufgebaut. Der Pegel des Sees ist im Moment so niedrig, dass man Mauern des untergegangenen alten Portomarin sehen kann. Sitze zur Abwechslung in einem Restaurant und genieße Salat. Der Essig in der Salatsoße brennt auf den verbrannten Lippen. Die Serviette sieht aus als hätte ich Lippenstift aufgetragen. Unerträgliches Paar am Nebentisch, Rheinländer.. Ich kann meinen deutschen Führer nicht aus der Tasche nehmen, sonst sprächen die mich sicher an.
Noch 100km

Noch 100km

Castromaior. Kein Verkehr, keine Menschen, nur die zwei Barfrauen ein Kleinkind und ich. Sitze draußen. Schöne Bar, dunkler unbeleuchteter Innenraum. Wunderbar kühl nach der heißen, schattenlosen Straße. Ein kleines Stück habe ich mich von einem Traktor mit Gülleanhänger ziehen lassen. Der Bauer fand das aber wohl nicht so lustig. Kleine Beobachtung: alle spanischen Kinder scheinen blond und alle Erwachsenen schwarzhaarig zu sein. Punta la Reia. Letzte Stunde war Wunderschön. Kleine gut asphaltierte Straße. Gelb blühender Ginster rechts und links. Nadelwald und kein Verkehr. Auch kein Kuhmist mehr wohin man blickt. Die Bauern vor ihren Häuslein grüßen freundlich. Sehr viel Lokalkolorit auf diesem Abschnitt, so könnte das vor ein paar hundert Jahren auch schon ausgesehen haben. Aber damals waren sicher mehr Pilger unterwegs als heute. Auf dem letzten Wegstein den ich vor La Reia wahrgenommen habe stand etwas von 60km. Also fast da. Die Pilger früher müssen drei Kreuze gemacht haben wenn sie nach all den Bergen und Hügeln hier ankamen. Ab jetzt geht es fast flach bis Santiago. Neben den Bauernhäusern stehen häufig ein Meter schmale und an die vier Meter lange Häuschen auf Stelzen. Für was die wohl gut sein mögen. Für die Aufbewahrung von Stroh scheinen sie mir ungeeignet. Vielleicht was Sakrales. Der Führer schweigt sich zu dem Thema aus, muss morgen mal jemanden fragen.
Portomaron

Portomaron

Eine schöne Herberge gefunden. Liege direkt am Fenster, werde also hoffentlich nachts frische Luft haben. Entgegen dem Namen ist dieser Ort nicht sehenswert. Lediglich das Rathaus ist einen Blick wert. Der Däne mit dem ich gestern in Villafranca längere Zeit über ein paar Bier vor der Kathedrale zusammensaß war übrigens schon seit 11 Jahren unterwegs. Allerding mit längeren Pausen. Er sagte er wäre in Frankreich gestartet und dann jedes Jahr ein paar Etappen gegangen. Lange Zeit. Der freut sich sicher riesig wenn er die Türme von Santiago sieht. Der Ungar war noch nicht so lange unterwegs und ein lustiger Vogel. Er rechnete mit gutem Wetter und musste sich wegen des Schnees und des Regens komplett neu einkleiden. Gestern waren in Ponferrada dann seine Schuhe aus dem Leim gegangen und einen Teil seiner Ausrüstung hatte er mit einer Pilgerin nach Valencia geschickt. Nun muss er von Santiago nach Valencia fliegen, um seine Sachen abzuholen, dann zurück nach Santiago und von dort über Frankfurt nach Budapest zurück. Das hätte doch auch irgendwie billiger und einfacher möglich sein müssen.
Spanisches Gasthaus

Spanisches Gasthaus

Meine augenblickliche Bar in La Reina kann ich auch sehr empfehlen. Es gibt zu jedem Bier einen warmen, überbackenen Tintenfischring auf einem Zahnstocher. Wenn man genug wegstecken kann, ist es hier also möglich, umsonst satt zu werden. Draußen dämmert es zwischen den orange angeleuchteten Häusern. Im Fernsehen kommt eine Art Bestof eines Stierkampfes. Manche Szenen werden wie beim Fußball in Slow Motion wiederholt. Erkältung ist am abklingen. Im Moment am schmerzhaftesten ist der Sonnenbrand. Da die Sonne immer aus einer Richtung scheint nur auf der linken Seite der Arme und Beine. Aber noch nicht wirklich schlimm. Am angenehmsten ist es morgens bis halb 12 und dann wieder ab etwa halb 7. Dazwischen verbrennt die Sonne erbarmungslos jedes Stückchen unbedeckter Haut. Wie bereits schon erwähnt tut der Spanier gut daran, in dieser Zeit Siesta zu halten, und sich in seine kalten, steinernen Wohnhölen zurückzuziehen.


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