Halb sechs. Draußen ist es zappenduster und kalt. Die Zeitumstellung ist wirklich zu einem ungünstigen Zeitpunkt gekommen. Um sieben gibt es Frühstück mit hoffentlich viel Kaffee und warmem Tee. Die Erkältung scheint sich ein wenig verschlimmert zu haben, Nase zu, Hals kratzt. Benötige mehr Taschentücher. Der Abend hier war sehr nett. Zusammen mit ein paar andern Pilgern bis halb 11 im Frühstücksraum gepichelt. Man eröffnet mir, dass ich den Weinbrunnen verpasst habe, ein Brunnen vor einem Kloster, aus welchem nicht Wasser sondern Wein fließt. War wohl etwas abseits des Weges. Schade. Bedauerlich das man Leute nur einmal sieht, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist, und nicht Abend für Abend in den Herbergen wieder trifft.
Santo Domingo de la Calzada
Kurz nach sechs und immer noch alle in den Federn. Was sind das nur für müde Pilger. Wenn man schon so früh ins Bett geht, kann man doch auch früh aufstehen. Lediglich einer der Herbergsväter ist wach und kocht Kaffee. Draußen vor den Fenster orangene Straßenbeleuchtung in den Gassen. Hunde kläffen. Die Decken in diesem Gebäude sind seltsam ausgeführt. Zwischen unbehauenen Baumstämmen ist jeweils eine Strecke von etwa 30cm mit geweißeltem Beton ausgegossen. Langsam kommt etwas Leben in die Bude. Türen knarzen im Untergeschoss. Zum Frühstück gibt es eine halbe Flasche Rotwein. Wenigstens wird dadurch die Erkältung erträglicher. Jemand erzählt es wäre üblich, Rotwein mit Wasser gemischt in den Trinkflaschen mitzuführen. Es wird draußen hell. Wetterbericht sagt: Wechselhaft mit Regen bei niedrigen Temperaturen. Kein Hagel? Kein Schnee? Traumhaftes Wetter. Das Haus wird seit sieben mit „O Paloma“ beschallt. Ein Kanarienvogel steht auf einem Gusseisernen Ofen und betschilpt sein beklagenswertes Schicksal. Alles zusammengepackt. Meine Kleidung von gestern ist glücklicherweise trocken und nicht all zu schmutzig. Riecht nur ein wenig nach Pilgerherberge. Fahrrad zusammengebaut und losgepilgert. Schöne Stadt Los Arcos, fällt erst heute auf, weil es nicht mehr in Strömen regnet. Heute mal die Landstraße, die verschlammten Feldwege sind heut sicher in keinem besseren Zustand als gestern. Obwohl der Himmel blau ist, wird das Fortkommen durch eine steife Brise direkt von vorne erschwert. Offenbar weht in dieser Region der Wind immer in Sturmstärke aus Westen. Es wäre viel leichter, in die Gegenrichtung zu pilgern. Malerisch windet sich der Weg auf und ab über die Hügel einer Landschaft, die auf der Karte wie topfeben aussah. Städte stehen auf grünen Hügeln mit dem Kirchturm als alle anderen Gebäude überragender Mittelpunkt. Sansol und Viana ziehen vorbei. Logrono, gegründet um eine Brücke des Jakobswegs ist nach den vielen Kilometern leerer Landschaft eindrucksvoll und laut.
Camino vor Granon
Ich werde inzwischen gegrüßt und angehupt. Als Vertreter einer tausend Jahre alten Tradition gesehen zu werden, hat etwas. Nach Logrono eine Pause an einem Stausee eingelegt. Einziger Gast auf der Terrasse eines einsamen Cafes gewesen. Am Ufer angelte ein Mann, fing aber nichts. Durch Navarette gekommen. Schönes Kirchenportal. Nach Najera wieder auf dem Feldweg, der in schlechtem Zustand ist und direkt neben der Autobahn entlangläuft. Großartige Wegführung, Lob an das spanische Tourismusbüro. Najera durchfahen, das historische Stadtzentrum muss ich verfehlt haben, denn der Führer behauptet es gäbe eines. Nur Backsteinbauten und Industrie. Anstrengender Streckenabschnitt nach Santo Domingo de la Calzana. Ein LKW am anderen. Rast mit einem Meter Abstand am Fahrrad vorbei. Hin und wieder nieselt es. Glücklicherweise kann ich an einer Tankstelle rasten und ein wenig essen. Gut in Santo Domingo angekommen. schöne Stadt, wie die meisten Städte hier. Nach der Kirche eine Bar aufgesucht und etwas getrunken. Das
San Juan Bautista
ist sehr schön an Spanien. Es gibt überall kleine Bars, die immer aufhaben und zu jeder Tageszeit gut besucht sind. Die letzten 8km nach Granon gefahren. Traumhafter Ort. Die Pilgerherberge ist in der Kirche untergebracht und wird von einer Würzburger Pilgergesellschaft geleitet. Albergue Sant Juan Batista heißt die Herberge. Man geht einfach hinein und macht es sich gemütlich. Der "Aufsichtshabende" kommt dann später und beginnt für alle zu kochen. Im Führer stand jeder würde etwas beisteuern, also habe ich noch Lebensmittel gekauft, Fisch hauptsächlich, aber es wird mit hauseigenen Zutaten gekocht und ich bleibe auf meinem Kilo Sardinen sitzen. Die Herberge ist ein großer Raum im Obergeschoss der Kirche direkt unter dem Dach. Es gibt einen offenen Kamin und ein Klavier.
Herbergsraum in San Juan Bautista
Beide sind in Betrieb. Der Koch, steht hinter einem Tresen um bruzelt etwas, das wie geschnittene Würstchen aussieht. Ein Schweizer der viel redet und gute Tipps zum Feuermachen hat hält einen Vortrag. Ein Franzose dessen Rad so schwer beladen ist, dass es von hinten aussieht als führe er auf einer Kiste sitzt am Tisch und versucht mittels eines Wörterbuches den Reiseführer zu übersetzen. War vorhin in der Kirche. Außer mir Niemand dort. Der Hauptaltar war stockdunkel, nur auf das Bildnis der Jungfrau Maria fiel durch ein Fenster das Abendlicht. Sie glänzte Golden. Aus einem Nebenraum hörte man einen lateinischen Vortrag.
Unless otherwise indicated, all materials on this site are by Peterhans Hendel (web KLAMMERAFFE ph2.net). I would appreciate it if you dropped me a line if you want to reproduce them. Any trademarks are property of their respective owners; their use is purely editorial and does not constitute an infringement.