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Refugio Altavista - Teinde - Santiago del Teneriffa
4:00 Uhr, Refugio Altavista (3270m) . Im unteren Etagenbett schlecht geschlafen. Alle halbe Stunde auf's Handy geguckt wie lange es den noch dauert bis der Wecker klingelt. Stehen deshalb auch früher auf als eigentlich geplant. Prompt beschwert sich die merkwürdigerweise wache Schnarcherin aus dem Nebenbett übers funzellichlicht aus der gedimmten Taschenlampe. Manche Leute kommen mit den Gepflogenheiten auf Hütten noch schlechter zurecht als Ich. Wir schaffen unser Zeug aus dem Schlafsaal und bereiten die Besteigung des Teide vor. Sind früher dran als geplant. Tür ist glücklicherweise offen und der Hüttenwart ist auch schon wach. U. Frühstückt ein wenig, zu wenig wie sich bald zeigt und wir brechen in die dunkle und kalte Nacht auf. Der Weg nach der Hütte ist dank der Fußspuren im Schnee leicht zu finden und nicht mehr so steil wie das letzte Stück vor der Hütte am Vortag. Unten kann man die Lichter der Orte entlang der Küsten zu beiden Seiten des Bergrückens zwischen den Wolken sehen. Es zieht leider unangenehm, man muss sich mit Windjacke und Hut gut einpacken um nicht zu frieren. Den kleinen Abstecher zur Eishöhle (Cueva del Hielo) müssen wir anhand des GPS Geräts erraten, finden die Eishöhle aber gleich. Ich kann mich nicht erinnern das wir hier das letzte mal auch gewesen sind. Die Höhle ist ein mit einer Stahlkette abgesperrtes Loch im Boden mit einer durchhängenden, verrosteten Metallleiter die sich als Einstiegshilfe in die Tiefe senkt. U. will nicht mit Runter was im Grunde eine ziemlich gute Idee ist den was würden wir machen wenn die Leiter versagt und wir beide in der Höhle sitzen und nicht mehr rauskommen. Könnte gut sein das so schnell keiner zur Höhlenbesichtigung vorbeikommt und wir festsitzen. Die Höhle ist überraschend groß, ein Steinernes Gewölbe mit einem kleinen Wurmfortsatz. Hier drinnen windet es auch nicht und im Vergleich zu draußen ist es angenehm temperiert. Ein paar Eiszapfen hängen von der Decke herunter. Je höher wir kommen umso windiger wird es, ab dem kleinen Plateau unterhalb der Gipfelpyramide gibt es dann keinen Schutz mehr und der Passat versucht uns ungehindert vom Berg zu blasen. An dieser Stelle beschließen wir dem ursprünglichen Plan zu folgen und die "Humboldtorginalroute" unter Umgehung der Seilbahnstation direkt hinauf zum Gipfel zu gehen. Weg gibt es keinen, Fußspuren auch nicht, Orientierung nur über den GPS Track auf dem Handy und der ist auch nur anhand kaum kenntlicher Pfade auf google Earth von Hand gezeichnet. Im unteren Teil breche ich einmal durch die vereiste Schneedecke aber glücklicherweise nicht tief ein. Im oberen sind manche Stellen im gemischten Gelände aus Feld und Eis nur mit Gefühl zu bewältigen. Runterrutschen wollen wir nicht. Wäre sicher nicht ganz ungefährlich. Wir können jetzt weiter unten vereinzelt die Stirnlampen der anderen Wanderer sehen, es folgt uns aber keiner, alle wählen den "Normalweg". Die metergenaue Handynavigation mit einem Windowsphone stellt sich als unter erschwerten Bedingungen sehr unkomfortabel heraus. Wenn man nachsehen möchte wo man ist muss man jedes mal die Entsperrtaste seitlich am Telefon drücken und dann mit dem Finger den Sperrbildschirm wegwischen. Bei Sturm und Eiseskälte, mit zwei Stöcken in er Hand auf einem vereisten Steilhang ist das ziemlich nervig. Ich hoffe nur wir kommen nicht an eine unüberwindbare Stelle wie zum Beispiel einen breiten Eisgürtel und müssen umdrehen. Humboldt beschreibt in seinem Reisewerk wie vor zweihundert Jahren hier jemand abstürzte und bis auf das Plateau hinunterrutschte wo die Person dann glücklicherweise im Schnee steckenblieb. Uns passiert aber nichts, als sich ein schmaler blauer Streifen am Horizont bildet erreichen wir den Gipfel. Hinter einer Stahlkette liegen die Felsen des Kraterrandes. Es zieht extrem. Man kann kaum gerade stehen und ein Video aufnehmen klappt auch nicht so richtig. Das Gerät schaltet sich zweimal von selbst ab. Nach etwa einer halben Minute sind wir so ausgekühlt das wir nach Schutz suchen müssen. Glücklicherweise sind es nur ein paar Meter weiter bis wir auf der Innenseite der Felsen die den obersten Teil des Kraterrandes bilden einen völlig Windstillen und überraschend warmen Zufluchtsort finden. Die Wärme wird von den Felsen abgestrahlt von denen einige richtig heiß sind und entsteht außerdem durch warmen Wasserdampf der aus Rissen aufsteigt. Wir machen es uns so bequem es geht. Den Sonnenaufgang kann man von hier aus leider nicht sehen. Linker Hand ist ein Stückchen Himmel zwischen ein paar schroffen Felsen das sich langsam von schwarz nach blau nach gelb-blau umfärbt. Andere Wanderer erreichen den Gipfel. Wir wagen uns noch einmal hinter den geschützten Felsen vor. Am höchsten Punkt sind jetzt schon ein paar Leute und frieren sich die Gliedmaßen ab. Sonne ist noch nicht zu sehen. Ein wildes bleiweißes Wolkenmeer umgibt den Gipfel in alle Richtungen. Wegen des Sturms und der Kälte warten wir den vollständigen Sonnenaufgang nicht ab sondern begeben uns auf den Abstieg. Ich wäre gerne direkt nach Osten abgestiegen aber U. möchte lieber den Offiziellen Weg nach Süden nehmen. Ist wahrscheinlich auch die bessere Idee gewesen. Der unmarkierte Abstieg ist sehr ziemlich sicher vereist gewesen und damit nicht gangbar. Einem fröstelnden Paar das sich hinter einen Felsen gekauert hat empfehlen wir doch noch ein paar Meter bis zu unserem vorherigen Vulkan-gewärmten Unterschlupf weiterzugehen. Machen die auch, hoffe es hat Ihnen dort besser gefallen. Die aufgehende Sonne taucht die ohnehin schon roten Felsen, den Schnee und die weißen Wolken in ein rötlich, sandfarbenes Licht.
Abstieg nach Santiago del Teneriffa
Der Surfkurs aus der Hütte kommt uns zwischen Gipfel und der Bergstation der Seilbahn gut gelaunt entgegen. An der Station meine ich mich an die Besucherterrasse zu erinnern aber das kann auch an dem Photo liegen welches dort aufgenommen wurde. Der Weg zum Pico Veccio ist hinter einem Gitter das man überklettern muss und nicht geräumt. Es gibt aber Fußspuren denen wir folgen können. Eben führen sie halb um den Gipfel des Teide herum und von dort dann immer schwieriger zu identifizieren durch die verschneite Lavalandschaft bergab. Mir ist es jetzt schon abwechseln zu heiß und zu kalt mit dem Wasserdichten Beinkleid dass ich ursprünglich für viel Geld gekauft hatte um der Ausrüstungsliste des UTMB zu genügen und welches noch nie zum Einsatz kam. Direkt vor uns schwebt ab jetzt La Palma mit seinem 'Roque de los Muchachos' über den Wolken. Links läge La Gomera aber die Insel bleibt für den ganzen Tag unter Ihrer ewigen Wolke verborgen. U. kämpft mit Schnee in den Schuhen und dem nicht ausreichenden Frühstück. Wir rasten, leider im Schatten den etwas anderes finden wir nicht hinter einem Fels und vespern ein wenig. Nach einer weiteren halben Stunde sind wir am Ende des schwer begehbaren Lavafeldes und gelangen auf ein teilweise verschneites, ebenes rotes Geröllfeld zwischen den beiden Teidegipfeln. Hier läuft es sich viel angenehmer. Am Ende des Feldes, bevor der Weg sich wieder klar sichtbar links um den alten Krater zieht machen wir eine größere Rast. Auf dem vereisten Schnee droht alles was man auf den Boden legt wegzurutschen. Der beständig starke Wind schnappt sich den außen am Rucksack befestigten 5L Wassercontainer den wir leer mitgenommen hatten um notfalls Schnee als Wasserreserve schmelzen zu können und dieser hüpft über den vereisten Schnee bis er hinter Felsen verschwindet. Schlechtes Gewissen wegen Entsorgung von Müll im Nationalpark aber dass es ein Unfall war gilt sicher als mildernder Umstand. Mache mir ein wenig Sorgen um die Wasserversorgung, soweit ich weiß kommen bis zum Ziel keine Bäche oder Quellen. Im Notfall können wir zur Nationalparkstraße traversieren und dort um Wasser oder gleich eine Mitfahrgelegenheit/Taxi betteln.
Nach der Rast ist es kurz vor acht. Der Weg sollte von hier südlich des alten Kraters eben halb um diesen herum und dann den Berg hinab führen. Der zu traversierende Hang ist beinahe vollständig unter Schnee und teilweise vereist. Glücklicherweise gibt es fast überall Spuren ohne die wäre es schwierig bis unmöglich geworden. Kurzfristig ändern wir die Strecke ein wenig und steigen, den sichtbaren Fußspuren nach, früher ab als ursprünglich vorgesehen. Der Blick auf die schwarzen Felsen hinunter in die Ebene des großen Kraters ist beeindruckend. Die Sonne ist jetzt bereits unangenehm kräftig und die Wasserdichten Bergsteigerhosen beginnen Ihr eigenes Subtropisches Klima zu poduzieren. Die Müdigkeit, das steile Gelände, die Hitze vor der man sich auf dem kahlen Hang nicht verstecken kann, der reflektierende Schnee und die unregelmäßigen Sturmböen machen diesen Streckenteil eher unangenehm. U. stellt fest dass man mit den Bergstiefeln mehr oder weniger Gefahrlos abfahren kann. Zum Glück fällt keiner hin, wäre sonst wegen fehlenden Pickels eventuell nicht ganz so gefahrlos gewesen. Mit dem Geometer Pro (für Wanderungen sehr zu empfehlen) versuchen wir wieder auf die Vorgezeichnete Route zu kommen und das Gelingt auch. Wir folgen bis an den Fuß des Berges Fußspuren und gehen dann rein nach GPS Track über harte unberührte Schneefelder. Die Sturmböen lassen nach sobald man sich in der Ebene befindet. Hinter uns ragen die Schneebedeckten Hänge des alten Kraters aus der Ebene, vor uns eine Landschaft aus schwarzer Lava und Schnee die in einer geschlossenen Wolkendecke endet in der am Horizont die Berge La Palmas schwimmen. Ich hoffe dass das Gelände weiterhin so leicht bleibt und wir in keinen unüberwindlichen Hindernissen hängen bleiben die auf dem Satellitenbild welches ich zur Planung der Strecke herangezogen habe nicht als solche zu erkennen waren. Prompt kommen wir an ein Lavatrümmerfeld das uns wie eine Mauer vom Beginn eines markierten Rundweges am Vulkan de la Botija trennt welchen wir von hier ein Stück gehen wollen. Immerhin sehen wir ein paar Leute auf der anderen Seite, sind also nicht ganz falsch und nicht völlig verloren. Von Feld zu Fels springen und Verletzungen leichtfüßig vermeidend durchqueren wir es. Ein Kilometer von diesem Gelände und der Tag wäre rum gewesen. Hinter einem kleinen Pass sehen wir nach zum ersten mal seit dem Gasthaus gestern wieder Bäume. Giftgrün auf schwarzem und roten Untergrund. Ein paar hundert Meter voraus links der Parkplatz für den Vulkanrundweg. Inzwischen ist es unangenehm heiß. Der Weg führt nun schräg zum Hang zwischen schroffen Vulkansteinformationen entlang. Alle zehn Minuten ändert sich das Gestein wenn man einen erstarrten Lavafluss überschritten hat und den nächsten Betritt. Der auf dem GPS markierte Weg erweist sich als nicht existent und wir nehmen lieber einen Umweg in kauf als das Risiko uns in der unübersichtlichen Vulkanlandschaft zu verirren. Hohe Kiefern auf verwittertem Tuff und herabgefallenen Nadeln sind nun der Untergrund. Vermutlich ist diese Gesteinsformation geologisch älter. Durch einen lichten Kiefernwald marschieren wir bis zu einen Forstweg und dann auf dem entlang bis der einen Knick macht. Ein nirgendwo verzeichneter Wanderweg führt in unsere Richtung und bringt uns bis zur nächsten Forststraße. Kurze Rast, Wurst, Socken auslüften. Bin ziemlich müde, U. glaube ich auch. Ab hier gehen wir völlig weglos durch eine kleine sehr malerische Ebene, erreichen einen fast zugewachsenen Forstweg an deren gegenüberliegendem Ende und nach ein paar hundert Metern die schwarze Lavalandschaft um den Chinyero. Ab hier ist wieder Nationalpark und es kommen uns sogar ein paar Leute entgegen. Das schlimmste dürfte jetzt im Hinblick auf Möglichkeiten sich katastrophal zu verlaufen vorüber sein. Hinter uns schimmert der Teide weiß über dem Grün der Bäume und dem schwarzen Boden. Keine Wolke am Himmel. Der Nationalpark endet und der für Mensch und Material harte Teil der Wanderung beginnt. U. verordnet eine Mischung aus Joggen abwechselnd mit Wandern um die Restkilometer auf dem GPS ein wenig schneller herunter ticken zu lassen und den Druckschmerz an den Füßen zu variieren. Wegfindung ist einigermaßen klar, die Wege sind breit und führen zunächst noch durch den Wald, dann über Felder und schließlich durch Macchiaartigen Bewuchs den letzten Kilometer bis nach Santiago de Teneriffa. Während U. schon einmal unser altes Hotel anruft um den Gepäcktransfer in Bewegung zu setzen wandere ich weiter bis zum Dorfplatz vor der Kirche und prompt verlieren wir uns für einen Moment finden uns dann aber vor dem Hotel wieder. Das Hotel, La Casona del Patio, macht einen sehr schönen Eindruck. Neu, hohe Decken und sehr viel Platz. Das Bad allein ist so groß wie in manch anderen Hotels das ganze Zimmer. Das Taxi mit unseren Gepäckstücken braucht ewig und als es endlich ankommt ist es deutlich teurer als gedacht und ich schließe mich mit dem Handtuch um die Hüfte aus dem Zimmer aus. Muss auf dem Flur warten bis U. fertig geduscht hat und mein scharren an der Tür hören kann. Abendessen ist trotz langer Restaurantsuche entlang der Hauptstraße ein wenig enttäuschend, Restaurant ist nicht beheizt und der glatzköpfige Eigentümer und Kellner ist unfreundlich. Die abgelegenen Orte Teneriffas haben ihren eigenen Charme.
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